Das Wichtigste gleich zu Beginn: das Spiel ist sehr ungewöhnlich. Das ist das richtige Wort. Oder vielleicht ist "planlos" noch besser.
Ihr seid Raven, Mitglied des Tuner Netwerk (Anm. d. Übersetzers: ja, das heißt wirklich so), und dessen Anführerin - die namenssgebende Sci-Mutant Priesterin, passenderweise Sci-Fi genannt - wurde von den bösen Protozorqs entführt. Der einzige Weg sie zu befreien, besteht darin die Prüfungen im antiken Tempel der Protozorq zu überstehen. Ihr müsst insgesamt fünf Vort-Schädel sammeln um den Titel von Divo "Der Überbringer der endgültigen Lösung" zu erreichen. Dies, in Kombination mit einem sehr abstrakten und abgefahren Design zeigt einem sehr offensichtlich, dass man es mit französischer Science-Fiction zu tun hat (es scheint als sei das Spiel sehr stark von Moebius und Caza beeinflusst). Vielleicht ging es nur mir so, aber das Design und das generelle Gefühl des Spiels haben mich stark an den Kult-Zeichentrickfilm Heavy Metal erinnert, besonders der Abschnitt mit dem Titel 'Taarna'.
Das Spielgeschehen findet auf halbstatischen Bildschirmszenen, mit ein paar wenigen Animation statt und wird aus einer First-Person-Perspektive gezeigt (ähnlich wie in KGB). Wenn man mehrere aktive Elemente auf dem Bildschirm anklickt, erscheint ein kreisförmiges Menü, durch dass der Spieler die Möglichkeit zu einigen kontextsensitiven Aktionen hat (wie z.B. "öffnen", "schütteln", "füllen" und solche Dinge). Manchmal findet man auch Gegenstände die man benutzen kann; und dann kann man immer auf seine Psi-Kräfte zurückgreifen. Die Rätsel im Spiel sind teilweise solche wie in der Myst-Serie und teilweise die klassischen 'finde Gegenstand und benutze ihn'-Rätsel, die ein Kernelement des klassischen Adventures sind. Andererseits fügt die Möglichkeit Eure Spezialkräfte einzusetzen eine zusätzliche Ebene hinzu. Trefft Ihr auf andere Personen, sprechen diese zu Euch aber es gibt keine Dialoge im eigentlichen Sinn.
Die Grafik ist, wie ich schon sagte, fremdartig und abstrakt und hat definitiv einen 'organischen' Look. Und von dem was ich bisher schon gesehen habe, ist das auch ein Markenzeichen von Exxos. Technisch gesehen ist sie ziemlich, sogar außergewöhnlich gut, bedenkt man das Entwicklungsjahr.
Wenn es um Musik geht, gibt es wirklich nicht viel zu erzählen. Sie wurde von Stephane Picq komponiert, der mit Dune oder auch Lost Eden bekannt geworden ist. In diesem Spiel hat er dennoch nicht sein Talent bewiesen, und so ist die Musik fast nicht existent und die Soundeffekte bestehen hauptsächlich aus eher disharmonischen Piepstönen, Gegurgel, Gekreische und mittelmäßiger Versuche von Sprachausgabe. Könnte alles viel besser sein aber es könnte genauso gut auch viel schlimmer sein.
Das Spiel an sich ist sehr kurz: ein erfahrener Spieler kann das Spiel in etwa einer halben Stunde durchspielen. Das ist eine Schande, wirklich, besonders weil man hier das schiere Potential eines Adventures mit einem wirklich außergewöhnlichen Setting und einer interessanten Prämisse verschenkt hat. Auf der anderen Seite, scheinen einige Elemente zufallsgeneriert zu sein, was ein weinig die Wiederspielbarkeit erhöht.
Wenn es um die abschließende Beurteilung geht, würde ich mir wünschen, ich könnte dem Spiel eine drei geben als Spiel, und eine vier für das Experimentelle was es darstellt; das ungewöhnliche Szenario, die unheimliche Atmosphäre und das innovative Interface tragen sehr zur Spielerfahrung bei aber die kurze Spieldauer und die ärmliche Soundgestaltung beschädigen dieses Juwel. Wenn Ihr ein klassisches solides Adventure sucht, ist dieses hier vielleicht nicht nach Eurem Geschmack. Andererseits, wenn Ihr neue Wege gehen wollt und ungewöhnliche Lösungen sowie das Experimentieren bevorzugt, dann spielt diesen kleinen Schatz auf jeden Fall. Ihr werdet nicht enttäuscht sein.
P.S. Der originale Titel des Spiels lautet KULT oder zumindest erscheint das auf dem Startbildschirm. Es wurde unter dem Namen Kult: The Temple of Flying Saucers für den Amiga vermarktet und erschien für den PC als The Chamber of the Sci-Mutant Priestess.